Interview: Ronald Stöferle (Erste Group)
Während seines Studiums der Betriebswirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien sowie in den USA arbeitete Ronald Stöferle im Handel von Kreditderivaten der Raiffeisen Zentralbank (RZB). Neben diversen wirtschaftsjournalistischen Tätigkeiten galt sein Interesse schon immer den Aktien- und Rohstoffmärkten.
Z.AT: Herr Stöferle, der Goldpreis hat Mitte Mai sowohl in US-Dollar als auch in Euro gerechnet neue Allzeithochs markiert. Seitdem konsolidiert die Notiz. Ist der Höhenflug vorbei?
Ronald Stöferle: Kurzfristig könnte es durchaus zu Korrekturen kommen. Dafür spricht allein schon die Tatsache, dass in den vergangenen Wochen und Monaten zahlreiche Magazine und Zeitungen das Thema Gold auf ihren Covers hatten, also zur Titelstory machten. In der Vergangenheit war dieser so genannte „Titelblatt-Indikator“ sehr verlässlich. Das heißt aber nicht, dass der grundsätzliche Trend gebrochen ist – im Gegenteil: Der langfristige Gold-Bullenmarkt ist vollkommen intakt. Denn die Ursachen der Misere, in der wir uns befinden, sind nicht beseitigt. Jede Krise, die weltweit durch Zinssenkungen und billiges Geld verursacht wurde, wird wieder mit neuem, noch billigerem Geld bekämpft. Weil das langfristig nicht gutgehen kann, bleibt die Nachfrage nach Gold hoch und treibt den Preis. Wie sagt man so schön „Gold ist ein weiches Metall, aber eine harte Währung“.
Z.AT: Gold ist vor allem in Inflationszeiten ein Instrument zu Werterhaltung. Von Preissteigerungen ist jedoch weit und breit nichts zu sehen. Im Gegenteil: Die Euro-Mitglieder überbieten sich derzeit ja geradezu mit Sparprogrammen. Spricht das nicht eher für ein Deflationsszenario?
Ronald Stöferle: In der Tat deuten einige Faktoren wie die derzeit sinkende Geldmenge M3 auf einen deflationären Schub hin. Allerdings bin ich fest davon überzeugt, dass die Notenbanken weltweit ein langfristiges Abgleiten in die Deflation mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln verhindern werden, sprich sie werden die Notenpressen anwerfen und das Drucken von Geld noch beschleunigen. Die natürliche Marktbereinigung während einer deflationären Rezession wird wohl um jeden Preis verhindert werden. Dies sollte für Gold ein weiterhin positives Umfeld garantieren.
Z.AT: Was raten Sie Anlegern, die ebenfalls von inflationären Tendenzen ausgehen?
Ronald Stöferle: In Edelmetalle investieren! Als Grundstock bietet sich die Anlage in physischem Gold und Silber an, am besten in Form von Anlagemünzen wie dem Philharmoniker und dem Maple Leaf. Sie bieten den höchsten Reinheitsgrad.
Z.AT: Sie empfehlen Silber?
Ronald Stöferle: Ja! Es könnte gut sein, dass Gold eines Tages so teuer wird, dass Anleger mehr und mehr auf Silber umschwenken. Allerdings sollte das Portfolio klar zugunsten von Gold gewichtet sein: etwa zwei Drittel zu einem Drittel. Insgesamt empfehlen wir für Edelmetalle einen Depotanteil von bis zu zehn Prozent. Bei ETFs sollten Anleger darauf achten, dass diese mit physischem Gold hinterlegt sind. Bei Investments in Einzelaktien sollten Anleger große Minengesellschaften bevorzugen. Aber auch Mid Caps, abgedeckt über Basketzertifikate, sind interessant.
Z.AT: Am 23. Juni erscheint Ihr neuer Goldreport, der von vielen Edelmetall-Fans mit Spannung erwartet wird. Welches Kursziel haben Sie für Gold errechnet?
Ronald Stöferle: Da möchte ich noch nicht zu viel verraten. Meine letzte Prognose lautete, dass der Goldpreis bis 2012 auf mehr als 2.300 US-Dollar steigen wird – das inflationsbereinigte Hoch aus dem Jahr 1980. Nach den neuesten Entwicklungen muss man aber davon ausgehen, dass dieses Ziel wahrscheinlich eher eine Untergrenze sein wird.
vom 30. April
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